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SC Kreuzberg überlegen 1. Berliner Schnellschachmeister

Vor etwas mehr als 25 Jahren wurden die beiden Berliner Schachverbände aus Ost (DDR) und West(-Berlin) wiedervereinigt und aus diesem Grund entschlossen sich Präsidium und Spielausschuss eine neue Turnierform in Berlin einzuführen – die Mannschaftsmeisterschaft im Schnellschach.

29 Meldungen gab es bis zum Ultimo am 5. Oktober. Am Turniertag wurden es dann drei weniger, was immer noch eine gute Resonanz bedeutete. Auch in der Spitze war das Turnier ganz gut besetzt. Der SC Kreuzberg thronte mit einem Schnitt von weit über 2200 über allen anderen Mannschaften. Auch wenn die Schachfreunde Berlin immerhin auch mit IM Lars Thiede und GM Rainer Polzin antraten. Doch deren DWZ-Durchschnitt wurde vom Rest der Mannschaft stark nach unten gedrückt.

Ausgewogener besetzt war da Rotation Pankow, wo nur Norman Daum den Schnitt unter die 2200 drückte. Letztendlich war das am Ende auch die Reihenfolge.

In Abwesenheit des laut Ausschreibung geplanten Turnierleiters Andreas Rehfeldt übernahm Landesjugendwart Olaf Sill die Durchführung der Meisterschaft. Es war sein erstes Turnier im Männerbereich, was auch durch einen (absichtlichen?) Versprecher bei der Eröffnung nicht unverborgen blieb, als er über die Toilettenbenutzung für Mädchen und Jungen referierte. Das schmälerte aber nicht die ansonsten souveräne Leitung des Turniers. An der ein oder anderen Stelle hätte man ihm aber einen Schiedsrichter zur Seite gewünscht, der kritische Partien mit beobachtet.

Beim SC Friesen Lichtenberg saßen mit Fernschach-Ex-Weltmeister Fritz Baumbach (81) und Hartmut Badestein (80) zwei ganz alte Hasen am Brett, die den neuen Techniken nicht ganz verschlossen sind. So hat jeder von ihnen ein Smartphone, welches gemäß Hinweis des Turnierleiters ausgeschaltet sein sollte.

In Runde drei beim Duell gegen Chemie Weißensee meldete sich aber eines der Geräte, woraufhin Olaf Sill sofort zu diesem Tisch marschierte. Badestein zeigte mit Unschuldsmiene sein ausgeschaltetes Mobilgerät und demonstrierte dies auch mit nachdrücklichem Tastendruck. Daraufhin konzentrierte sich Sill auf den Brettnachbarn. Baumbach nestelte sein Smartphone aus der Jackentasche und stellte entsetzt fest, das dieses eingeschaltet war. Damit war die Partie zu Ende und Uwe Arndt bekam nach nur wenigen Zügen den vollen Punkt. Arndt wollte aber trotzdem noch ein wenig weiterspielen, was die Beiden dann auch taten.

In der 5. oder 6. Runde war das Glück dann auf Baumbach’s Seite. Im Wettkampf gegen NARVA (rechtes Foto) gab Alexander Kreisel gegen Baumbach auf. Der zuschauende Hans-Dieter Maetzing (hier noch neben Kreisel sitzend) schimpfte daraufhin wie ein Rohrspatz, weil Baumbach schon lange die Zeit überschritten hatte.

Faustregel 1: Schaue auf die Bedenkzeit des Gegners, bevor Du aufgibst!

Ähnliches passierte einige Runden vorher beim Wettkampf Berolina gegen Weisse Dame. An Brett 4 hatte Stefan Hölz (Berolina) zuletzt zur Uhr geschaut, als David Hörmann nach seinem Zug noch 3 Sekunden übrig hatte. Da für jeden Zug 10 Sekunden aufgeschlagen wurden und Hölz später meinte Hörmann hätte schnell gespielt, schaute der Berolina-Spieler nicht mehr auf die Bedenkzeit. Hörmann’s Uhr zeigte aber schon rund zehn Züge lang 0.00 an, was Hölz aber nicht davon abhielt, Remis in dem total ausgeglichenen Endspiel anzubieten.

Faustregel 2: Schaue auf die Bedenkzeit des Gegners, bevor Du Remis anbietest!

Wir hätten locker 6 Mannschaften aufstellen können“, so deren Vereinsspielleiter Sven Schüle zu mir in einer Rundenpause. “Doch leider hat der BSV zu spät über das Turnier informiert.” Das wollte der hinzugekommene Verbandspräsident Carsten Schmidt natürlich nicht auf sich sitzen lassen. So richtig öffentlich wahrgenommen wurde das Turnier allerdings erst durch die Meldung am 26. September, knapp zwei Wochen vorher. Allenfalls Insider oder Intensivleser hätten schon vor Monaten über so ein Turnier bescheid wissen können.

Angesprochen auf seine beiden “Küken” an den letzten beiden Brettern der dritten Mannschaft, verwies Schüle auf den Zulauf neuer Mitglieder über die Vereinswebsite. Über das Kontaktformular meldeten sich vor einigen Monaten die Eltern der beiden neunjährigen US-Amerikaner. Die Familie hat es nach Berlin verschlagen, wo der Vater einen Job angenommen hat. Nach ein paar Wochen Funkstille stand die Familie irgendwann vor der Tür des Klubs.

Für Christian Lorenz war es das erste richtige Schachturnier fernab vom Internetschach. Die fehlende Übung im Umgang mit Figurensatz und Schachuhr merkte man ihm deutlich an. Das hinderte ihn aber nicht daran, den ein oder anderen Punkt in der ersten Zugzwang-Mannschaft einzufahren. So war z.B. Andreas Reiche (DWZ 1852) in Runde 4 eines seiner Opfer, was dem bis dahin gute aufspielendem SV Berolina Mitte ein 1:3 gegen den Außenseiter Zugzwang einbrachte.

Die Rangliste und die Fortschrittstabelle mit allen Einzelergebnissen findet Ihr auf der Turnierseite.

Galerie mit 150 Fotos | Turnierseite | Dropbox (alle Fotos/Videos im Original, für etwa 6 Monate verfügbar)

Frank Hoppe