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35 Jahre Kurt-Richter-Gedenkturniere – Norbert Bauer gewinnt 2016

Als wir am 21.02.1981 unser Startgeld in Höhe von 10 Mark der DDR für die Teilnahme an einem – maßgeblich von Gerhard Mietzelfeldt aus der Taufe gehobenen Schachturnier in einer Marzahner Oberschule entrichteten, war nicht abzusehen, dass der gleiche Betrag in anderer Währung dreieinhalb Jahrzehnte später immer noch fällig sein würde. Stabile Preise, das ist immer ein gutes Zeichen für Kontinuität. Im Jubiläumsjahr gab es einen besonders großen Pokal.

Nach dem kurzen Rückblick auf die Anfänge nun zur Gegenwart. Am vergangenen Wochenende (vom 22. bis 24. Juli) trafen sich genau 50 Spieler im Nachbarschaftszentrum „Rudi“ in der Friedrichshainer Modersohnstraße. Mit dem 54-jährigen Norbert Bauer (SAV Torgelow) gab es einen Überraschungssieger.

Zur Turniereröffnung waren der BSV-Präsident Carsten Schmidt und sein Vorgänger Dr. Matthias Kribben erschienen. Der Präsident ergriff das Wort und kam auf die jahrzehntelangen Leistungen von Gerhard Mietzelfeldt als Schachorganisator zu sprechen. Er würdigte dessen Arbeit als Vorsitzender des
Bezirksfachausschusses Schach und als Vater des Richter-Turnieres. Vor allem aber wirkte Gerhard bei der gleichberechtigten Fusion der beiden Berliner „Schachregierungen“ mit. Er führte im Jahr 1989/90 die maßgeblichen Verhandlungen auf Augenhöhe mit dem im Vorjahr verstorbenen Ehrenpräsidenten des BSV Alfred Seppelt mit einer solchen Dynamik, dass die Vereinigung noch kurz vor der BMM 1990/91 stattfinden konnte. Diese „Silberne Hochzeit“ haben wir erst am 13. Februar dieses Jahres mit einem Festakt im Coubertinsaal am Olympiastadion begangen.

Mit großem Beifall ernannte Carsten Schmidt den sichtlich überraschten Gerhard zum neuen „Ehrenpräsidenten“ des BSV. Aber auch Matthias Kribben, der den BSV sechs Jahre lang gut geführt hatte, wurde anschließend ebenfalls die gleiche Ehre zuteil, was genauso mit viel Zustimmung quittiert wurde.

Das Turnier nahm einen spannenden und nicht ganz erwarteten Verlauf, denn diesmal konnten sich nicht die Favoriten durchsetzen. Mit Norbert Bauer (SAV Torgelow) und Adis Artukovic (SV Senat) waren nach vier von fünf Runden zwei Spieler punkt- und auch buchholzgleich mit je 4,0 Punkten an der Spitze. Sie hatten offenbar Respekt voreinander und ließen durch ein Kurzremis die anderen Spieler über den Turniersieg entscheiden. Der Glücklichere dabei war dann Norbert Bauer. Er hatte am Ende bei 4,5 Punkten einen halben Buchholzpunkt mehr und wurde somit Turniersieger. Den dritten Platz belegte Rouven Arnold (SG Narva).

Viele weitere Ausgezeichnete und auch die Endtabellen kann man auf der Seite des Veranstalters NARVA nachlesen.

Die höchste DWZ-Steigerung (97 Punkte!) gelang überraschend Antje-Christine Krüger von der TSG Fredersdorf vor dem nicht verwandten Namensvetter Ekkehard Krüger (49 Punkte) vom gastgebenden Verein. Antje Krüger spielt, wie sie uns erzählte, erst seit drei Jahren Schach und übt im normalen Leben den seltenen Beruf als Noten-Kopistin für Opernhäuser aus.

Den Vogel schoss allerdings U. Fitzkes BSW-Mannschaftskamerad Jürgen Rollwitz ab: er remisierte gleich alle seine fünf Partien, was ihm jedoch 21 Verlustpunkte einbrachte. Immerhin gehörte er zu den sechs ungeschlagenen Spielern. Jürgen ist gleichzeitig Mannschaftskamerad des anderen Berichterstatters D. Kohlmeyer beim SC Rochade. Ebenfalls eine kuriose Sache.

An jedem Kurt-Richter-Gedenkturnier nehmen noch immer zahlreiche Schachfreunde teil, die schon in den 1980er Jahren zu den Gründungsmitgliedern des Events gehörten. Unter ihnen die beiden Autoren dieses Beitrags, die von 1981 an dabei sind. Auch Herbert Mayer setzte schon in der Bruno-Baum-Straße von Marzahn seine Figuren. Nun saßen sie beim Turnier wieder nebeneinander.

Nach ihren Auftaktsiegen zeigten beide in Runde 2, dass sie auch stärkeren Gegnern Paroli bieten konnten. So knöpfte Ulli mit Weiß dem Elo-Favoriten Shenis Slepuschkin, Sieger von 2014, ein sicheres Remis ab.

Auch Herbert Mayer gelang mit den schwarzen Steinen gegen den Zweiten der Setzliste Michael Schulz nach spannendem und sehr verwickeltem Kampf die Punkteteilung.

Damit nahmen die beiden „alten Kämpen“ auch Einfluss auf den Turnierausgang, denn weder Slepuschkin, noch Schulz konnten sich am Ende unter den ersten Drei platzieren. Ulrich Fitzke wurde mit 3,5 Punkten aus fünf Partien Achter.

Und noch ein Schachfreund muss unbedingt erwähnt werden: Horst Strehlow, Jahrgang 1931. Der fast 85-jährige Veteran hatte das Kurt-Richter-Gedenkturnier 1982 gewonnen, und er ist bis zum heutigen Tage noch dabei. Seine Gegner sind inzwischen zum Teil 75 Jahre jünger (siehe Foto)! In welcher anderen Sportart ist so etwas möglich?

Auch in diesem Jahr möchten wir die Schiedsrichter und Turnierhelfer von NARVA loben, die den Ablauf gewohnt reibungslos organisierten. Bei der großen Hitze an allen drei Spieltagen war der Durst groß, so dass die Küchenmitarbeiter alle Hände voll zu tun hatten. Sie boten auch Suppen, Kuchen und Obst an und wir möchte Ihnen dafür ebenso danken, wie es Gerhard Mietzelfeldt bei der Siegerehrung schon getan hat.

Zum Schluss unser besonderes Dankeschön an den Vater des Kurt-Richter-Gedenkturniers. Gerhard wird nächstes Jahr 80. Er ist nicht mehr der Gesündeste und engagiert sich dennoch wie seit eh und je mit Leidenschaft für das Weiterbestehen dieser wertvollen Berliner Schachtradition. Zur Siegerehrung präsentierte er unzählige Karteikarten, auf denen alle bisherigen Teilnehmer der Kurt-Richter-Turniere bis 1990 registriert sind. Sie gehen inzwischen in die Tausende.

Ehemalige Mitstreiter des tüchtigen Organisators wie Alfredo Helm sind nicht mehr am Leben, aber inzwischen greift die junge Generation der SG Narva um Thomas Mothes dem nimmermüden Gerhard Mietzelfeldt kräftig unter die Arme.

Lieber BSV-Ehrenpräsident! Auf ein Neues im kommenden Jahr!

Ulrich Fitzke / Dagobert Kohlmeyer