Faszination Schach im Linden-Center gestartet
GM Sebastian Siebrecht (DWZ 2405) ist zum ersten Mal mit seiner “Faszination Schach”-Tour in der Bundeshauptstadt. Standort der vom Regierenden Bürgermeister Michael Müller mit seiner Schirmherrschaft bedachten Veranstaltung ist das Einkaufszentrum Linden-Center in Hohenschönhausen. Hier hat der Großmeister aus Essen für fünf Tage seine Zelte aufgeschlagen und wird dabei unterstützt von zwei starken jungen Damen – der fünfmaligen Deutschen Jugendmeisterin WFM Anna Endress (DWZ 2112) und der dreimaligen Deutschen Jugendmeisterin WFM Sonja Maria Bluhm (DWZ 2210).
Die Vorfreude auf die Woche in der 3,5-Millionen-Metropole wurde allerdings getrübt durch sehr schleppende Anmeldungen von Kindergruppen und Schulklassen. Noch vor einer Woche waren viele Termine frei. Glücklicherweise tat sich in der verbliebenen Zeit noch so Einiges und so konnte mir Sebastian heute morgen freudestrahlend mitteilen, daß alle Termine ausgebucht sind.
Den Auftakt machte eine Grundschulklasse aus Fredersdorf, die in Begleitung ihrer Lehrerin und ihres Schachtrainers Martin Sebastian war. Nach einem Eröffnungsfoto, setzte sich der Großmeister mit den Kindern an ein Brett und führte dort eine fiktive Partie vor, die mit verschiedenen Matts endete. Er ließ dabei die Kinder fortwährend Vorschläge machen, erklärte immer wieder die Motive und führte die Jungen und Mädchen so ans Ziel. Das Ganze zelebrierte er so unterhaltsam, das selbst die erwachsenen Zuschauer gespannt lauschten.
Dem gemeinsamen Warmmachen folgten jetzt Partien gegeneinander. In drei Spielstärkegruppen eingeteilt saßen jeweils 4-5 SchülerInnen an einer Tischreihe und spielten unter Anleitung von Anna, Sophia, Sebastian und auch Martin freie Partien. Wer fertig war, durfte zur nächsten Station. Das war entweder eine Partie auf dem Großfeldschach, das Konditionsblitz oder ein Duell am Laptop gegen das Schachlernprogramm “Fritz Fertig”.
Gegen 11.30 Uhr war der Schachunterricht für die Fredersdorfer beendet, denn eine weitaus jüngere und kleinere Kita-Gruppe wartete schon auf den Großmeister. Von denen konnte noch keiner Schach, so daß Sebastian erst einmal die Figuren und deren Gangarten beim gemeinsamen Unterricht vorstellte. Danach durften die Kiddies in freien Partien erstmal mit Bauern üben.
Während die Kinder spielten und dabei so Einiges über Schach lernten, blieben auch öfter Passanten an den Brettern stehen. Einige trauten sich sogar selbst zu den Figuren zu greifen und eine Partie zu spielen. Dreimal stand auch ich dabei als Gegner auf dem Plan. Erst testete mich ein früherer Mannschaftskollege vom SK Gillette. Er ließ sich auch gleich ein paar Adressen von Klubs der Umgebung geben, z.B. von Rochade oder Narva. Ein anderer Zaungast gab an, in den 1970er Jahren mal zehn Jahre lang als Jugendlicher bei Rotation gespielt zu haben. Vom Wissen damals war allerdings nicht viel hängengeblieben. Daran, daß es mal eine Regel gab, im ersten Zug als Weißer gleichzeitig f3 und c3 spielen zu dürfen, konnte er sich aber sehr gut erinnern. Daß mir mein Vater so Schach auch einmal beigebracht hatte, erhärtete nur seinen Glauben. Selbst der Großmeister konnte ihn nicht vom Gegenteil überzeugen. Ich leite die Frage an die Schachhistoriker weiter…
Während ich meine Partien spielte und dabei immer wieder die Ideen hinter meinen Zügen erklärte, saß ein älterer Herr daneben und betrachtete interessiert das Geschehen. Wie sich kurz danach herausstellte, war er bereits 84 Jahre alt und kannte keine einzige Schachregel. Er hatte nur in seinem früheren Beruf als Tischler Schachfiguren hergestellt, sich aber nie damit weiter beschäftigt. Das Mühlespiel ging ihm leichter von der Hand, wie er sagte. Meine Aufforderung zu einer kleinen Schacheinführung schlug er aus und schaute lieber weiter gespannt zu.
Ein paar Tische weiter saß das dreiköpfige Tourteam zusammen und nahm einen kleinen Imbiß zu sich. Der dritte Termin war ins Wasser gefallen, weil die Kindergruppe abgesagt hatte. Dadurch konnten die Drei auch mal schön gegeneinander blitzen, was weitere Zuschauer anzog. Waren doch nicht nur die Partien von einer ausgewählten Güte, sondern auch die beiden Mädels nett anzuschauen.
Über das Programm der nächsten Tage informiert ein großer Aufsteller die Passanten und Zuschauer. Einige Vereine wie Chemie Weißensee oder TSG Fredersdorf nutzten den Vormittag um Werbematerial auszulegen und gezielt Zuschauer anzusprechen. Eine Riesenchance für alle Berliner Vereine bei so einer öffentlichkeitswirksamen Veranstaltung auch für ihren Verein zu werben.
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Frank Hoppe