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GM Wladimir Jepischin gewinnt die Schlacht bei Dennewitz 2014

Am 06.09.1813 schlugen in und um Dennewitz im Fläming 40.000 Mann der preußischen Truppen die Übermacht von
70.000 Mann der napoleonischen Truppen – vernichtend. Die Verteidigung Berlins war erfolgreich!

200 und 1 Jahr später waren es die Spieler aus Berliner Vereinen, allen voran die beiden GM mit Titelverteidiger Robert Rabiega und Andrej Maksimenko, die Dennewitz erobern wollten. Elo-Favorit war jedoch GM Wladimir Jepischin. Chancen zumindest auf das Podium rechneten sich aber auch der die IM Gunter Spiess, Ralf Schöne, Panagiotis Cladouras sowie sicher auch der slowenische Schnellschachspezialist Rok Hrzica aus.

Aber der Reihe nach.

Noch bevor die ersten Schlachten geschlagen werden konnten, bekam Veteran – nein, ähhh, Dauerkämpfer Ralf
Schöne für seine 12. Teilnahme einen Sonderpreis vom Turnierleiter Roland Schimmel.

Nach dem mit kleiner Verspätung letztlich alle 62 Spieler eintrafen, geriet die Turnierleitung in einen technischen Hinterhalt, als der Drucker ausfiel. Dank eines eiligst organisierten Beamers konnte eine neue Verteidigungslinie aufgebaut werden und die Schlacht fast noch pünktlich starten. Wie in den letzten Jahren war das Turnier in der Spitze trotz des Fehlens von Magnus Carlsen, der andere langfristige Verpflichtungen hatte, gut besetzt. Mehr als 50% oder genauer 32 Spieler hatten eine DWZ von 1900 oder mehr.

Durch die verschiedenen Kategoriepreise, Damen, -Jugend-, Senioren-, Mannschafts- und Sonderpreise hatten praktisch alle 62 Spieler realistische Chancen mit einem Preis nach Hause zu gehen. Um es vorweg zu nehmen: insgesamt bekamen inkl. der Mannschaften 35 Kämpfer einen Preis! Neben der im Gegensatz zu 1813 doch deutlich angenehmeren Atmosphäre in Dennewitz im historisch gestalteten Saal des Wirtshaus zum Grafen Bülow, sind diese Schlachttrophäen sicher auch ein Grund für den einen oder anderen Spieler sich auf das Dennewitzer Schlachtfeld zu trauen.

Die Angriffe, Verteidigungen oder Opfer waren sicher manchmal überraschend, erschienen vielleicht sogar auch gemein, aber letztlich blieb es doch komplett unblutig. 1813 gab es dagegen noch 20.000 Tote oder Verwundete auf dem Schlachtfeld. Dem damaliger siegreichen Feldherr Graf Bülow von Dennewitz (übrigens ein Vorfahre von Vicco von Bülow – besser bekannt als Loriot), wurde unter den Linden in Berlin ein Denkmal gesetzt. Das konnten die Organisatoren dieses Jahr nicht versprechen, Ruhm und Ehre schon … In Dennewitz selbst steht ebenfalls ein grosses schönes Denkmal.

Doch bis dahin war es noch ein langer 9-rundiger, teilweise sehr steiniger und manchmal auch gefährlicher Weg. Eröffnet wurde das Turnier von der Kämmerin der Gemeinde Niedergörsdorf, Martina Schlanke in der historischen Fämingtracht mit der Partie Jepischin gegen Horst Schinagl aus Lübbenau.

In den ersten 3 Runden hatten die Favoriten mehr oder weniger Mühe, sich letztlich doch jeweils durchzusetzen.

Insgesamt 4 Spieler hatten noch keine Verluste zu verzeichnen. Das änderte sich naturgemäss mit dem Zeitpunkt, als die Favoriten in den jeweiligen Duellen beginnen mussten, schärfere Waffen auszupacken. Im Museum in Dennewitz, welches sich direkt gegenüber des Spiellokal befindet, sind übrigens die Waffen zu sehen, mit denen 1813 gekämpft wurde.

In der 4. Runde trennten sich Rabiega und Maksimenko Remis, wodurch Jepischin mit einem Sieg gegen Claudoras die alleinige Spitze übernahm.

Die ersten vorentscheidenden Gefechte auf dem Weg zu Ruhm und Preisgeld gewannen in der 5. Runde dann Jepischin gegen Rabiega …

… und Maksimenko gegen Hrzica, wodurch beide vorerst die Plätze 1 und 2 belegten. Dadurch trafen sie in Runde 6 aufeinander und im Gegensatz zur grossen Politik trennten sich hier Ukraine und Russland ohne Kampf und markige Worte ganz schnell friedlich.

Jepischin blieb mit 5,5 Punkten an der Spitze. Mit 5 Punkten folgten neben Maksimenko 3 weitere Spieler: Cladouras, Gunter Spiess und positiv überraschend auch Carsten Kühne vom PSV Potsdam.

So langsam die letzte Chance, Jepischin den Sieg zu nehmen hatte damit in der 7. Runde Gunter Spiess, aber Jepischin war einfach zu stark, ebenso wie Maksimenko für Kühne und Rabiega für Cladouras. Hinter den 3 Grossmeistern mit 6,5;6,0 und 5,5 Punkten folgten nach 7 Runden insgesamt 7 Spieler mit 5 Punkten und hofften noch auf den einen oder anderen Hinterhalt für einen der 3 Grossmeister.

Jepischin machte aber ohne Gnade weiter. in Runde 8 traf es Michael Schulz, der die elo-numerische Überlegenheit spürte. Maksimenko hielt Claudoras mit einem Remis auf Distanz, während Rabiega Schöne besiegte.

Um die Preisränge lief das Gefecht auf Hochtouren: Kühne konnte durch den Sieg gegen Andreas Pietsch nochmal mitmischen, wie auch Spiess durch den Sieg gegen Manfred Jandke. Thomas Heinrich begrub die letzten Hoffnungen von Hrzica auf einen vorderen Platz. Martin Neumann besiegte Peter Hintze wollte mit einem 3 aus 3 Finish auch nochmal angreifen, ebenso wie Phillip Hitzler und Hendrik Hoffmann, die sich Remis trennten.

Vor letzten Runde stand damit praktisch Jepischin als Sieger fest. Es hätte schon alles extrem ungünstig laufen, damit er nicht gewinnt. Dahinter folgten Rabiega und Maksimenko mit jeweils 6,5 Punkten. Spiess und Kühne folgten mit 6.

Für Kühne bedeutete die Auslosung, in der letzten Runde an Brett 1 sitzen zu „dürfen“. Maksimenko spielte gegen Spiess an Brett 2 und Rabiega gegen Hendrik Hoffmann an Brett 3.

In der letzten Runde hätte GM Jepischin ein Waffenstillstand genügt, aber er kämpfte auch seinen letzten Gegner nieder – denn halben Punkte wollte er nicht hergeben und siegte gegen Kühne, womit er mit starken 8,5 Punkten klarer Turniersieger wurde.

Dahinter holte sich Maksimenko den 2. Platz durch einen hart erkämpften Sieg gegen Spiess, da Rabiega gegen Hoffmann nicht gewinnen konnte.

Auf Platz 4 kam durch den Schlussrundensieg gegen Heinrich noch Neumann, welcher damit noch Hitzler verdrängte, der sich im Turnier erst langsam von hinten nach vorne kämpfen musste. Es hat sich aber final für ihn auch gelohnt, nicht aufzugeben und den Weg nach Dennewitz trotz aller Herausforderungen noch zu suchen und zu finden.

Spiess ging als 6. in diesem Jahr immerhin auch nicht ganz leer aber selbst ohne Umschlag aus bzw. nach Hause. Den eigentlich undankbaren 7. Platz trotz eines sehr starken Turniers belegte Kühne. Doch dank der vielen Sonderpreise ging auch er nicht wirklich leer aus.

Besonders erwähnt werden soll an dieser Stelle, der kurzfristig ausgeschrieben Peter-Biehler-Gedenkpreis, in Erinnerung an den kürzlich verstorbenen Spieler des SV Marzahnan 57 e.V., der für seinen Alles-oder-Nichts-Stil bekannt war. Den Preis bekam Andreas Pietsch vom SC Empor Potsdam mit kompromisslosen 6 Siegen ohne Remis – nur der Turniersieger hatte mehr Spiele gewonnen! Die weiteren Gewinner der einzelnen Preise:

Teamwertung: Lok Brandenburg vor dem Gastgeber SV Marzahna 57 e.V.

Senior: Manfred Jandke, SSG Lübbenau

Junior: Jirawat Wierzbicki, König Tegel vor Tobias Röhr USV Potsdam

Frauen: Katrin Dämering, TSG Markleeberg

Jüngster Teilnehmer: Jan Liese, Neue Grundschule Marquardt

DWZ 1 – 1500: Frank Stemmler, SG Eckturm vor Oliver Röhr USV Potsdam

DWZ 1501 – 1800: Jürgen Beator, SC Hans Clauert Trebbin vor Lothar Leue, Lok Brandenburg

DWZ 1801 – 2100: Carsten Kühne PSV Potsdam vor Wilfried Woll, Greifswalder SV

In der ewigen Bestenliste hat Rabiega seinen Rückstand auf Schöne leicht verkürzen können – der Abstand ist aber noch sehr gross, zu Platz 1 aber auch zu Platz 3, den Carsten Hein mit einem 15. Platz dieses Jahr verteidigt hat, knapp vor Henry Wangerin, der diesmal 16. wurde. Dahinter folgen die beiden Lübbenauer Torsten Schröder und Schinagl.

Insgesamt verlief das Turnier im Gegensatz zur Schlacht von 1813 ausgesprochen friedlich. Ein Dankeschön gilt den Sponsoren der Veranstaltung vom SV Marzahna 57 e.V., der Kämmerin der Gemeinde Niedergörsdorf für die einleitenden Worte, die Begrüssung und den ersten Zug. Besonderer Dank gilt dem Team des Wirtshaus zum Grafen Bülow für die Möglichkeit der Nutzung des historischen des historisch gestalteten Saals und das preiswerte sowie leckere Essen mit freundlicher Bedienung. Sehr schön fanden viele Spieler auch die Ausstellung eines kleines Teils seiner grossen und beeindruckenden privaten Schachspielesammlung aus aller Welt von Eberhard Knaack aus Jüterbog.

Viele Schachfreunde haben ihr Kommen für das nächste Jahr Anfang September schon angekündigt. Aber auch so lohnt sich ein Besuch in Dennewitz und Umgebung, wo insgesamt 11 Denkmäler und das Museum an die damalige Schlacht von 1813 erinnern. Ein Stück deutsche Geschichte ist hier zu erleben!

Herzlich willkommen und auf ein Neues in 2015!

René Liese
SV Marzahna 57 e.V.

Nachfolgend die Tabellen als Grafiken. Richtige Tabellen stehen derzeit nicht zur Verfügung, sollen aber die Grafiken später ersetzen.

Frank Hoppe