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Fotofinish beim Kurt-Richter-Gedenkturnier

Ein wunderbarer Sonntag für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft, die in Brasilien Weltmeister wurde. Ein schwarzer Sonntag aber für den Meister der scharfen Klinge und der scharfen Zunge, Werner Reichenbach. In beiden Partien mußte Richie seinem Gegner am Ende gratulieren. Von Tripolsky wurde er überspielt, Schipke profitierte vom Handyklingeln in des Meisters Hosentasche. Für IM Eugen Tripolsky und Maximilian Schipke reichte es somit für einen Platz auf dem Podest.
Dritter im Bunde der Treppchenersteiger war Shenis Slepuschkin. Seine “Pferdchen” punkteten in Runde fünf so gut, daß er mit einem halben Buchholzpunkt vor den beiden auf Rang eins einkam.

Es ist etwa 15 Uhr. Slepuschkin ist nicht im Raum, sein Stuhl an Tisch 1 ist verwaist. Sein Gegner Tripolsky brütet über der Stellung. Am Nebentisch sitzen sich Schipke und Werner Reichenbach gegenüber. Ein schmaler Durchgang trennt die beiden Tische von der langen Tischreihe mit den Brettern drei bis neun. Ich sitze neben Werner an Brett drei und verwalte mit Schwarz eine Ruine gegen Thorsten Groß.

Ein Mobiltelefon meldet sich mit einem Klingelton. Die Blicke der Spieler der langen Tischreihe gehen zu den Brettern eins und zwei. Dort rührt sich erst einmal nichts. ‘Hat Slepuschkin sein Handy am Brett vergessen?’ denke ich gerade, als sich Werner nach einer gefühlten Ewigkeit von seinem Platz erhebt. Der Klingelton verändert sich leicht. Offensichtlich ist Werner die Geräuschquelle. Er nestelt auch schon zerknirscht in seiner Hosentasche, zieht sein Telefon heraus, schaut auf’s Display und fängt an zu poltern: “… Ist das ein Stück Sch… Ist das ein A…“. Es ist nicht ganz klar, ob er damit den Anrufer oder sich selbst meint. Er meinte wohl den Anrufer, dessen Namen er deutlich nannte, den aber außer mir wohl keiner zuordnen konnte.

Die unbeteiligten Spieler feixen vor sich hin, Maximilian Schipke nimmt ehrfürchtig die Aufgabe des geplagten Meisters entgegen. Der hatte ja schon am Vormittag von Eugen Tripolsky eine Tracht Prügel bekommen (siehe Partien). Und nun sowas.

Werner’s Leiden konnte auch Turnierchef Gerhard Mietzelfeldt nicht mit ansehen. Spontan entschied er sich für einen Extrapreis, eine Flasche Wein für’s FairPlay. Damit der 78-Jährige nicht völlig umsonst den weiten Weg von Wedding nach Friedrichshain gemacht hat. Schließlich war Werner als Nummer 1 gestartet und auf Platz 8 mit jämmerlichen drei Pünktchen gestrandet. Da ahnte Gerhard aber noch nicht, daß Werner damit den Nestorenpreis abräumen würde.

Turnierseite der SG Narva